Kritik am Mikrokreditwesen

„Die effektiven Zinssätze für Mikrokredite betragen im weltweiten Durchschnitt 38 Prozent, also doppelt so viel, wie man in Deutschland für einen überzogenen Dispositionskredit bezahlen muss“, schreibt der Journalist Gerhard Klas in seinem 2011 erschienen Buch „Die Mikrofinanzindustrie. Die große Illusion oder das Geschäft mit der Armut“.

Ebenfalls im Jahr 2011 wertete ein Forscherteam um Entwicklungsökonomin Maren Duvendack 2600 positive Mikrokredit-Studien aus, knapp 60 davon detailliert. Im August 2011 erschien der abschließende Report „What is the evidence of the impact of microfinance on the well-being of poor people?“, finanziert unter anderem von der britischen Regierung. Die Wissenschaftler haben Daten aus Indien und Bangladesch analysiert und sämtliche Studien zum Erfolg der Mikrokredite untersucht. Ihr Ergebnis: Es gebe keine Belege dafür, dass Mikrokredite den Armen nützen. Die positiven Studien gründeten auf weichen Untersuchungsmethoden und unzureichendem Datenmaterial.

Der bangladeschische Anthropologe Aminur Rahman fand in den neunziger Jahren heraus, dass nur fünf Prozent der Mikrokreditnehmer Einkommen aus Unternehmen beziehen, die sie mit dem Darlehen aufgebaut hatten. Das deckt sich mit der Feldforschung von Anu Muhammad, Wirtschaftswissenschaftler an der Jahangirnagar Universität in Bangladesch: Nur fünf Prozent der Mikrokreditnehmer profitierten von den Darlehen – und sie alle hatten bereits vorher eine zuverlässige Einkommensquelle. 50 Prozent konnten ihren Lebensstandard nur halten, indem sie zusätzliche Kredite aufnahmen. Die Lage der restlichen 45 Prozent hat sich verschlechtert.

Qazi Kholiquzzman Ahmed, Leiter der staatlich finanzierten Kreditanstalt PKFS in Bangladesch, legte wiederum dar, dass mehr als die Hälfte der Schuldner nicht pünktlich zahlen können und zur Tilgung der Kredite weitere Darlehen aufgenommen haben.

Überschuldungskrisen, die auf Mikrokredite zurückgeführt wurden, gab es bereits in Bosnien, Pakistan, Marokko, Ägypten, Nigeria, Mexiko und Bolivien.