AGROFORST (EAU)

AGROFORSTWIRTSCHAFT in der Berufsbildung

Worüber Sie in diesem Artikel lesen:


Ein Pilotprojekt im Westen Ugandas

Die Louis Leitz Stiftung hat in den letzten Jahren bereits zwei mehrjährige Projekte in Uganda gefördert, Projektstandorte waren Karamoja und Teso im Nordosten des Landes, die mit zu den ärmsten Regionen Ugandas zählen. Die Idee zu diesem weiteren Projekt in Uganda wurde uns wiederum von unserem Stuttgarter Partner Fairventures Worldwide gGmbH (FVW) vorgeschlagen.

Der Westen Ugandas gehört zu den etwas begünstigteren Regionen des Landes, aber auch hier hat die Bevölkerung mit den Folgen des weltweit überdurchschnittlich starken Bevölkerungswachstums zu kämpfen. Von den derzeit ca. 37 Millionen Ugandern leben 85% im ländlichen Raum, 80% der Beschäftigten arbeiten in der Landwirtschaft. Die Abhängigkeit von den natürlichen, nachwachsenden Ressourcen ist hoch, die ihrerseits aber aufgrund des erhöhten Bevölkerungsdrucks und den damit verbundenen vielfältigen Auswirkungen immer stärker gefährdet sind.

Mit Agroforstwirtschaft der Entwaldung Ugandas entgegenwirken

Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) sind etwa 15,2% der Landesfläche Ugandas bewaldet. Im Zeitraum von 1990–2010 gingen in der Summe jährlich 1,86% Wald in Uganda verloren, was einem (Netto-)Waldverlust von 37,1% im genannten Zeitraum entspricht. Diese Tendenz, die einen erheblichen Eingriff in das Ökosystem bedeutet, kann neben den weiteren ökologischen Risiken zunehmend auch soziale und wirtschaftliche Risiken zur Folge haben. Umso wichtiger erscheint es, diesen Trend durch (Wieder-)Aufforstungen zu stoppen und vor allem die Bevölkerung zu befähigen, Aufforstungen auch im Rahmen ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeiten mit umzusetzen und mit diesen zu verbinden.

Agroforstwirtschaft kombiniert Forst- und Landwirtschaft auf gemeinsamen Flächen und kann einen wichtigen Beitrag zu stabilen, nachhaltigen Ökosystemen, und auch zu höheren Erträgen leisten. So können in Agroforstsystemen in Uganda beispielsweise schnellwachsende Nutzhölzer mit landwirtschaftlichen Nutzpflanzen wie Mango, Avocado, Kakao oder weiteren Feldfrüchten kombiniert werden. Degradierte Flächen können durch ausgewählte agroforstwirtschaftliche Mischkulturen langfristig wieder zu fruchtbaren Böden aufbereitet werden.

Projektdurchführung der Pilotphase an zwei Berufsschulen

Für die Erprobung und Umsetzung der Projektidee im ersten Jahr wurden in Westuganda, in den Distrikten Kasese und Hoima, zwei technische Berufsschulen als Projektpartner für die Projektdurchführung ausgewählt. Einerseits eine staatliche Schule, die Kasese Youth Polytechnic (KYP), sowie eine katholische Schule, das St. Simon Peter’s Vocational Training Centre (SSPVTC) im nördlicher gelegenen Hoima, das auch klimatisch ganz andere Voraussetzungen bietet.

Die Auswahl erfolgte durch die in Uganda seit vielen Jahren aktive staatliche Belgian Technical Cooperation Uganda (BTC), die ein weiterer lokaler Partner im Projekt, sowie auch Ansprechpartner vor Ort für beide Schulen ist und die Projektdurchführung begleitet. BTC setzt seit einigen Jahren gemeinsam mit dem ugandischen Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Technologie und Sport die „Skilling Uganda Strategy“ (SSU) um, in deren Unterstützungsprogramm auch die Aktivitäten der beiden Berufsschulen im Bereich Agroforstwirtschaft und Umweltschutz neu integriert werden.

Qualifikationen zum Umweltschutz und zur Einkommensgenerierung

Anfang 2017 konkretisierten sich die Vorbereitungen für den Projektstart an den ausgewählten Berufsschulen. An beiden Schulen wird im Rahmen des Projektes im Bereich Umwelttraining das neue Wahlfach „Agroforstwirtschaft“ eingeführt, für das ein Curriculum entwickelt und umgesetzt wird. Die SchülerInnen lernen in Theorie und Praxis, wie agroforstwirtschaftliche Systeme funktionieren und erproben bei der Anlage von Demonstrationsgärten auf den etwa 5 Acres großen Flächen im Bereich der Schulen sowohl die ausgewählten Arten, die Pflanzung in Mischkulturen, als auch die notwendigen Arbeitstechniken. Ein besonderer Fokus wird neben der Vermittlung von Umweltschutzthemen auf das praktische Erlernen von Aufforstungstechniken gelegt, und auf die Vermittlung von Kenntnissen, wie durch Agroforstsysteme langfristig auch Einkommen erwirtschaftet werden kann.

Die BerufsschülerInnen wirken als Multiplikatoren

An beiden Berufsschulen werden je etwa 50 SchülerInnen in diesem neuen Wahlfach unterrichtet, außerdem je Schule ca. 2 Lehrkräfte im Rahmen des Curriculums weitergebildet. Mit ausgewählten SchülerInnen wird pro Schule ein sogenannter Umweltclub gegründet, um individuelle, umweltbezogene Fragestellungen und Initiativen der Schüler besser fördern und unterstützen zu können.

Das Wissen und die praktische Erfahrung, die die SchülerInnen zur Thematik Umweltschutz, Aufforstung und dem damit ggf. möglichen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Schulbetrieb mitnehmen, können sie in ihrem eigenen Umfeld gemeinsam mit ihren Familien weiter erproben und anwenden. Damit wirken sie als Multiplikatoren und tragen diese Idee und ihr Wissen dazu auch räumlich weiter.

Wie könnte es weitergehen

Das erste Projektjahr wird als Pilotphase gesehen, in der die Möglichkeiten, Agroforstwirtschaft in die berufliche Bildung zu integrieren, erprobt und die Rahmenbedingungen dazu abgesteckt werden. Ziel eines weiterführenden Projektes wird sein, mit den Ergebnissen und Erfahrungen des ersten Jahres weitere Schulen in anderen Regionen Ugandas einzubinden, und so das Thema Agroforstwirtschaft in ganz Uganda zu verbreiten. Langfristig können die Aufforstungen den Waldverlust in Uganda zumindest begrenzen und damit auch die lokalen Lebensgrundlagen sichern.

Warum fördert die LL-Stiftung das Projekt AGROFORSTWIRTSCHAFT in der Berufsbildung?

„Bildung und Berufliche Bildung ist in einem Land wie Uganda, das mit zu den ärmsten Ländern der Welt zählt, ein besonders hohes Gut. Und es ist ein vielversprechender Ansatz, dass auch an Schulen nach Lösungen für drängende Umweltfragen gesucht wird. Durch Bildung und Ausbildung im Bereich Agroforstwirtschaft sowohl ökologische, als auch wirtschaftliche Perspektiven zu bieten, kann mit dazu beitragen, dass die Menschen nicht aufgrund von Armut und Perspektivlosigkeit in andere Länder flüchten.

Die LL-Stiftung hatte die Gelegenheit, auf einer gemeinsamen und von FVW initiierten Projektreise im Frühjahr‘17 die beiden Schulen und die lokalen Projektpartner kennenzulernen, was uns verdeutlichte, wie wichtig die Aufforstungs-Thematik im Land ist, und mit wieviel Engagement und Einsatz die Verantwortlichen die Projektidee mittragen.“

Ingrid Leitz
Projektpatin AGROFORSTWIRTSCHAFT in der Berufsbildung

Weitere Informationen unter: www.fairventures.org

Stand: Juli 2017