ICH KANN’S Grundschulmentoren
Worüber Sie in diesem Artikel lesen:
- Soziale Benachteiligung frühzeitig mindern
- Ein Kooperationsprojekt mit der Stadt Stuttgart
- „Ich Kann’s“ Grundschulmentoren
- „Ich hab’s geschafft“
- Evaluierung des Tandem-Konezpts
- „Ich Kann’s“ mit Flüchtlingskindern
- Die KinderHelden
- Warum fördert die LL-Stiftung das Projekt ICH KANN’s?
Soziale Benachteiligung frühzeitig mindern
Die Bildungschancen von Kindern sind geprägt von den Bildungsbiographien und Lebens- umständen ihrer Eltern, von ihrem familiären, sozialen und wirtschaftlichem Umfeld. Umso wichtiger ist es, Kinder mit schwierigen Startbedingungen und belastenden Erfahrungen frühzeitig darin zu unterstützen, ihre Stärken zu entdecken, Selbstvertrauen zu gewinnen und ihre Potentiale zu entfalten. Alleinerziehende Eltern und ihre Kinder haben oft wenig Zugang zu kulturellem und sozialem Leben, wie etwa in Vereinen; sie sind erwiesenermaßen besonders von drohender Kinderarmut betroffen. Mit der vertrauens- vollen Beziehung und individuellen Begleitung durch einen Mentor schon in der Grundschule werden Kinder befähigt, ihr Lebens- und Lernumfeld zu bereichern, ihre Schulnoten zu verbessern und dem Ziel näher zu kommen, den Übergang auf die gewählte weiterführende Schule gut zu schaffen.
Ein Kooperationsprojekt mit der Stadt Stuttgart
„Ich Kann’s“ wurde gemeinsam von der Abteilung Stuttgarter Bildungspartnerschaft der Stadt Stuttgart und KinderHelden gGmbH (ehemals Big Brothers Big Sisters Deutschland) sowie weiteren Kooperationspartnern wie Unternehmen, Stiftungen und Sponsoren an Grundschulen in sogenannten Brennpunktbezirken, benachteiligten Stadtteilen, initiiert. Das Programm mit Pilotcharakter startete zum Schuljahr 2012/2013 mit 13 Tandems. Im Schuljahr 2015/2016 werden 120 Grundschulkinder von ihrem Mentor, ihrer Mentorin, individuell an neun Kooperationsschulen auf ihrem Bildungsweg unterstützt. Im Rahmen des Doppelhaushaltes 2016/2017 der Stadt Stuttgart wurde ein Antrag auf institutionelle Förderung gestellt, welche die Sicherung und ggf. die gewünschte Ausweitung des Erfolgsmodells ermöglichen würde. Viele Grundschulen – und Erziehungsberechtigte – haben Interesse angemeldet und stehen auf der Warteliste.
„Ich Kann’s“ Grundschulmentoren
Mentoren und Mentorinnen sind Lern- und Lebensbegleiter mit Herz für eine Zeit. Sie öffnen den Blick auf die Schule, arbeiten mit den Klassenlehrern zusammen – die auf Kinder mit Bedarf hinweisen – und lernen das familiäre Umfeld der Kinder kennen, oft allein- erziehende Eltern oder Eltern mit Migrationsgeschichte. Studierende an den lokalen Hochschulen und junge Berufstätige sowie Oberstufenschüler engagieren sich ehrenamtlich und vermitteln den Kindern einmal wöchentlich die Freude am Entdecken und am Lernen.
Als engagierte Mentoren im 1:1 Bildungstandem sind sie Mittler zwischen Schule, Umfeld und Familie. Sie lernen gemeinsam mit ihren Mentees, machen Hausaufgaben, hören zu, tauschen sich aus, und verbringen Freizeitstunden zusammen – wie etwa beim Sport, beim Bibliotheks- und Museumsbesuch, auf Stadtteilentdeckung oder bei Ausflügen. Für ihre Aufgabe werden die Mentoren sorgfältig ausgewählt und mit einer Fortbildung vorbereitet, die Tandems dann je nach Interessen und gegenseitigem Kennenlernen vom Fachpersonal der KinderHelden zusammengestellt.
„Ich hab’s geschafft“
„Ich komm‘ aufs Gymnasium“, erzählt stolz Can, 10 Jahre alt. Er ist einer der über 120 Grund- schüler, der durch Schul-Mentoring schon Unterstützung bekamen. An neun Stuttgarter Grundschulen findet zurzeit die Lern- und ergänzende Freizeitförderung im Bildungstandem statt. Insbesondere die Fähigkeiten der Kinder in Mathematik und Deutsch werden durch lesen, vorlesen, üben und Spiele, aber auch dank spezieller Lernmaterialien gefördert, die Kinder auf vielfältige Weise individuell und gezielt unterstützt. „So jemand wie meine Mentorin habe ich mir schon immer gewünscht“ ist eine andere Aussage, und lässt erkennen, wie wertvoll und wichtig diese persönliche Beziehung ist.
Evaluierung des Tandem-Konzepts
Die Wirkungsbefragung 2014/2015 – über die Lehrer – der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg mit den aktuellsten Ergebnissen steht erst im Spätherbst zur Verfügung. Schon die Wirkungserhebung 2012/2013 hatte gezeigt, dass bei Kindern mit besonders schlechten Startbedingungen die Schlüsselbereiche Sprache und Schulleistungen sich um jeweils 82% bzw. 64% positiv verbessert hatten. Bei Kindern im weniger schwierigen Umfeld war die Ratio 69% Sprache und 53% Schulleistungen. Auch in anderen Bereichen wie Selbstver- trauen, Horizont, Integration und Verhalten waren die Ergebnisse bei beiden Gruppen positiv, mit über 50% Verbesserung. KINDL, ein international standardisiertes und geprüftes Fragebogeninstrument zur Erfassung der Lebensqualität – und insbesondere des Psychischen Wohlbefindens – von Kindern und Jugendlichen (Ravens-Sieberer & Bullinger) wurde eingesetzt, um die an „Ich Kann’s“ teilnehmenden Kinder zu befragen. Den Kindern geht es nach der Tandemzeit an der Grundschule signifikant besser, sie fühlen sich weniger „anders“, die familiäre Befindlichkeit wurde stark verbessert, sie langweilten sich weniger, fühlten sich weniger allein.
„Ich Kann’s“ mit Flüchtlingskindern
Im Rahmen des Kooperationsprojektes „Ich Kann’s“ wird das bewährte Konzept der 1:1 Betreuung seit 2015 in den Internationalen Vorbereitungsklassen der Kooperationsschulen, wie auch in Stadtteilzentren und Bibliotheken, ab dem Schuljahr 2015/2016 angeboten. Kinder mit belastender Fluchterfahrung, in komplexen Lebenssituationen, die wenig oder noch kein Deutsch sprechen, profitieren von der engen Beziehung zu ihrem Mentor. Er hilft ihnen, sich in ihrem neuen Lebensfeld zurecht zu finden, schneller Deutsch zu lernen, und mittels sinnvoller Freizeitaktivitäten ihre unmittelbare Umwelt wie auch die neue Kultur kennen zu lernen. Mentee und Mentor erweitern beidseitig ihren kulturellen Horizont, sie lernen voneinander. Durch die Einsicht in fremde Kulturen und die neue psychosoziale Erfahrung gewinnen sie gleichermaßen wertvolle Erfahrungen.
Die KinderHelden
KinderHelden ist eine gemeinnützig anerkannte Organisation mit Sitz in Stuttgart. Als freier Träger ist sie derzeit in drei Regionen – Stuttgart, Rhein-Neckar und Rhein-Main – mit verschieden Programmen wie „StarkMacher“ Stuttgart (Übergang und Begleitung 5. und
6. Klasse), „Käpsele – Die Tüftler Tandems“ (mit der Robert Bosch GmbH) und „Schlaubären“ (in Zusammenarbeit mit Ernst und Young in Frankfurt) tätig. Sie ist spenden- und stiftungs- finanziert. Die Ausgründung der KinderHelden von Big Brothers Big Sisters Deutschland wurde zum Jahresbeginn 2015 vollzogen. Die Förderung des Hauptsponsors, der Unter- nehmensstiftung Benckiser in Ludwigshafen, war aus intern-strategischen Gründen wegen einer Neuausrichtung 2014 beendet worden. Es wurden großzügige Unternehmens- und Stiftungsgelder sowie engagierte, ehemalige u.a. auch leitende Mitarbeiter gefunden, um das Konzept und die Tätigkeit in Kooperation mit der Stadt Stuttgart und den Schulen erfolgreich fortzusetzen.
Warum fördert die LL-Stiftung das Projekt ICH KANN´S?
Die LL-Stiftung hatte 2012-2013 schon den Anschub des Piltoprojektes damals mit Lernmaterial-Boxen für die Kooperations-Grundschulklassen gefördert, da wir das Konzept von ICH KANN’S sehr überzeugend fanden. Es ist uns ein Anliegen, dass die Bildungs- chancen von Kindern, die in einem Umfeld aufwachsen, in dem sie oft wenig Anreize und Hilfe bekommen, möglichst von klein auf verbessert werden. Dass diese Hilfe über einen Mentor an der Grundschule erfolgt, eine wichtige persönliche Beziehung aufgebaut wird, dieser zur Vertrauensperson wird – gleichzeitig Mittler in den sozialen Lebensräumen des Kindes ist – gefällt mir dabei besonders. Nur mit Vertrauen und Selbstvertrauen kann ein Kind sich entfalten und erkennen, was in ihm steckt, seinen eigenen Weg zu gehen.
Margit Leitz
Projektpatin ICH KANN’S
Weitere Informationen unter: www.kinderhelden.info
Stand: November 2015